Freitag, 21. Oktober 2011

Idas Saga: Einleitung

Eine späte Sonne scheint, Ida kneift ihre Augen zusammen. Erster Sunnandaeg im Huntianmonan des Jahres 499 seit dem Eisstieg. Ein guter Tag. Ein heiliger Tag für Kenaz, Scaetha und Sigel. Doch sie betet nicht zu diesen Dreien an jenem Tag. Ihre Gebete gelten Freo, dem Gott des weiten Landes, dem Gott ihrer Kindheit. Sie riecht ihr Pferd Farandi unter sich, das endlos scheinende Grasland, beide ihre Begleiter seit Kindertagen. Erst seit zwei Jahren bei ihr ist ihr Speer, fest in ihrer Hand, als sie spricht:

„Wanderer der Gestirne, höre die Hufe meines Pferdes...“

Gebt acht! Sie spricht nicht „höre meine Schritte“, wie es weithin gelehrt wird. Ihr Weg ist der Weg der Hrosmark.

„...und geleite mich auf meinem Weg!“

Daraufhin reitet sie los. Das Pferd ist schnell, Ida sicher im Sattel. Die Gesichter derer die dabeistehen verschwimmen. Alrik, der Vater, ist ein Krieger. Auch wenn andere lächelten und spotteten hinter seinem Rücken, ist er sich gewiss. „Eine geborene Kriegerin, meine Tochter“, flüstert er.

Lina, die Mutter, die Hebamme, hält den kleinen Bruder am Arm. Ihre Gebete an diesem Tag gelten Eira. Sie bittet die Göttin leise, ihre Tochter vor Schaden zu bewahren.

Ulif, der Hauld seines Clans, ist stoisch. Keine Regung in seinem Gesicht. Viele junge Krieger hat er so auf ihr Schicksal zureiten sehen.

Und Arngeir? Nunja, er blickt mit stiller Bewunderung dem Mädchen nach, dem er gern sein Herz geben würde. Mit der er Seite an Seite den Weg des Kriegers erlernt hat.

Eine einsame junge Frau steht in der Ferne, eine Fremde unter den Menschen, ein Schutzgeist, ein Feenwesen, Glaistig. Sie nennen sie Agatha. Sie trägt grüne Roben, sie hat kein Zuhause, sie lächelt milde. Die Mutter dieses Mädchens bringt ihr jeden Morgen eine Schale Milch. Das ist ihr genug. Sie fürchtet etwas den nahen Winter. Ein dunkle Zeit.

In der Ferne steht Rekared, in den grauen Roben Hoenirs, auf seiner Schulter eine Fledermaus names Vinur, zum Schutze vor Insekten. Man verzeihe den Alten ihre sonderbaren Ideen! Er betet ebenso. Seine Gebete sind still, er betet im Geiste. Ida kennt er seit den Tagen der Wiege. Er ist ihr ein Lehrer gewesen, so wie er es eigentlich für alle Kinder des Clans sein sollte. Die anderen interessieren sich nicht für die Geschichten seiner Reisen. Ida jedoch zieht es in die Ferne. Er betet. Er weiß was an den dunklen Orten wartet.

Der Krieger aus Holz, der in der Ferne steht, erwartet geduldig den Speerstoß. Idas Waffe trifft ihn genau. Sein aus Korb geflochtener Kopf aufgespießt an Idas Speer anstatt nur durch den Stoß zu Boden gefallen. Alrik kneift die Augen zusammen, Lina atmet erleichtert auf. Agatha zeigt keine Regung. Ulif lächelt. An diesem Abend wird er Ida ein Schwert überreichen, ein Zeichen des Kriegers.

Es ist ein Tag der Freude. Wie gewoben, so gekommen.

Rekared nickt stumm. Er geht zurück in sein Zelt und wartet auf Ida, dass sie ihm von ihrer Prüfung erzählt. Rekared spricht ein Wort ob dieser beeindruckenden Demonstration kriegerischer Fähigkeit:

„Völva“.

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